Wem gehört die Wahrheit? – Mediation in Zeiten von Polarisierung | Mediation statt Prozess – Peters V-Cast
Peter Krämer
Mediation statt Prozess – Peters V-Cast
Wem gehört die Wahrheit? – Mediation in Zeiten von Polarisierung
1. Es geht selten um Fakten, sondern fast immer um tiefere Bedürfnisse
Wenn Menschen unnachgiebig auf ihrer „Wahrheit“ beharren, geht es oft um mehr als nur um eine andere Meinung. Es prallen nicht einfach Ansichten aufeinander, sondern ganze Wirklichkeitskonstruktionen:
„Ich habe Fakten – du hast nur Meinung.“
„Ich schütze die Demokratie – du bist gefährlich.“
„Du bist systemhörig – ich bin wach.“
Die Mediationspraxis zeigt, dass diese Konstruktionen fast immer mit tiefen, menschlichen Bedürfnissen verbunden sind. Dazu gehören das Bedürfnis nach Sicherheit, nach Kontrolle, danach gesehen zu werden und nach Bedeutung.
Diese Erkenntnis ist entscheidend. Sie verlagert den Fokus weg von der unfruchtbaren Frage „Wer hat recht?“ hin zu einer viel konstruktiveren Frage: Was treibt uns beide eigentlich an?
2. Nicht der Streit zerstört Beziehungen, sondern die Stille danach
Ein zentraler Grundsatz in der Konfliktbegleitung lautet:
Beziehungen zerbrechen nicht am Streit – sie zerbrechen daran, dass niemand mehr zuhört.
Das Fehlen des Zuhörens ist weitaus zerstörerischer als der Konflikt selbst. Wenn wir aufhören, einander zuzuhören, beginnt die eigentliche Entfremdung. Diese Entwicklung ist nicht nur persönlich, sondern auch gesellschaftlich relevant.
Studien von Allensbach und Bertelsmann zeigen, dass über 60 % der Menschen bestimmte Themen im Familien- oder Kollegenkreis bewusst vermeiden. Gleichzeitig sagt mehr als die Hälfte: „Ich habe das Gefühl, man darf bestimmte Dinge nicht mehr sagen.“
Dieser Teufelskreis aus Vermeidung und dem Gefühl, eingeschränkt zu sein, erzeugt genau die zerstörerische Stille, die Beziehungen langsam erodieren lässt.
3. Das Ziel ist nicht Einigkeit, sondern echter Kontakt
In vielen Konflikten herrscht die Vorstellung, es müsse am Ende einen Gewinner oder eine einzige, anerkannte Wahrheit geben. Mediation verfolgt einen grundlegend anderen Ansatz. Ihr Ziel ist nicht, jemanden zu überzeugen oder Einigkeit um jeden Preis herzustellen.
Stattdessen werden andere Fragen gestellt:
Was ist für dich wichtig?
Was brauchst du, um dich wieder sicher, verbunden und gehört zu fühlen?
Wie können wir trotz unserer Unterschiede weiter im Kontakt bleiben?
Dieser Ansatz ist so wirkungsvoll, weil er den Druck aus dem Gespräch nimmt. Er schafft einen Raum, in dem unterschiedliche Perspektiven nebeneinander stehen dürfen, ohne dass eine die andere auslöschen muss. Dadurch wird echter Kontakt wieder möglich.
4. Wahrheit braucht Beziehung, um heilsam zu sein
Wahrheit kann zur Waffe werden. Wenn wir sie nutzen, um uns von anderen abzugrenzen oder unsere Position zu zementieren, schafft sie Distanz und Verletzung. Der Satz „Ich habe aber recht“ beendet oft ein Gespräch, anstatt es zu öffnen.
Ein zentraler Gedanke aus der Mediation lautet deshalb: Wahrheit braucht Beziehung.
Eine Perspektive, eine Tatsache oder eine Überzeugung wird erst dann konstruktiv, wenn sie in einem sicheren Raum der Beziehung und des gegenseitigen Respekts geteilt werden kann. Wahrheit wird heilsam, wenn sie nicht als Mittel der Abgrenzung eingesetzt wird, sondern neben einer anderen Wahrheit stehen darf.
Schlussfolgerung: Ein neuer Raum statt neuer Argumente
Der Weg aus der Sprachlosigkeit führt nicht über noch bessere Argumente oder den Versuch, den anderen endlich von der eigenen Wahrheit zu überzeugen. Er führt über die bewusste Entscheidung, einen sicheren Raum für echten Kontakt zu schaffen – einen Raum, in dem Zuhören wieder wichtiger wird als Rechthaben.
Was wäre, wenn Sie sich im nächsten schwierigen Gespräch nicht fragen würden, wie Sie den anderen überzeugen, sondern nur, wie Sie ihn wieder verstehen können?
Mein Impuls für dich
Wenn du spürst:
– Ich werde übergangen.
– Ich bekomme keinen Kredit mehr, obwohl ich ihn tragen könnte.
– Ich fühle mich aussortiert – und bin doch noch mittendrin.
Dann sage ich dir:
Du bist nicht allein. Und du hast jedes Recht, dich zu zeigen – respektvoll, klar und mit Haltung.
Mediation kann ein erster Schritt sein.
Zurück in den Dialog. Zurück zur Selbstbestimmung. Zurück in die Zukunft.
Ein persönlicher Blick – warum Erfahrung Zukunft braucht
Ich bin Peter Krämer.
Mediator. Und voller Lust, Zukunft mitzugestalten.
Erfahrung ist kein Makel.
Sie ist ein Schatz – den wir endlich wieder heben sollten.
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