Spiegeln & Paraphrasieren: Die Kunst, wirklich verstanden zu werden
Kennst du das? Du hörst aufmerksam zu, bist ganz bei deinem Gegenüber – und trotzdem kommt es zu Missverständnissen. Plötzlich heißt es: „Du hörst mir gar nicht richtig zu!“ Dabei hast du doch jedes Wort wahrgenommen. Woran liegt das? Und wie gelingt es, wirklich verstanden zu werden?
Warum Zuhören allein nicht reicht
Viele denken: Einer spricht, der andere hört zu – fertig ist die Kommunikation. Doch so einfach ist es leider nicht. Worte bedeuten nicht für jeden dasselbe. Unsere eigenen Erfahrungen, Erwartungen und Stimmungen beeinflussen, wie wir Gesagtes aufnehmen. Oft füllt unser Gehirn Lücken automatisch – und schon entstehen Missverständnisse.
Ein Beispiel aus dem Arbeitsalltag:
Eine Führungskraft sagt: „Ich hätte gerne mehr Eigeninitiative im Team.“
Mitarbeiter A denkt: „Ich soll jetzt alles allein entscheiden.“
Mitarbeiter B versteht: „Mein Chef ist unzufrieden mit meiner Arbeit.“
Mitarbeiter C glaubt: „Es gibt bald eine Umstrukturierung.“
Jeder hört etwas anderes – obwohl alle dasselbe gehört haben. Das Gesagte ist nicht immer das Verstandene! Genau hier setzen die Techniken Spiegeln und Paraphrasieren an.
Was steckt hinter Spiegeln & Paraphrasieren?
Spiegeln bedeutet, das Gehörte neutral und mit eigenen Worten zu wiederholen – ohne Interpretation. So kann dein Gegenüber bestätigen: „Ja, genau das habe ich gemeint!“
Paraphrasieren geht noch einen Schritt weiter: Hier fasst du nicht nur die Worte, sondern auch die dahinterliegenden Emotionen oder Bedürfnisse zusammen. Das hilft, zwischen den Zeilen zu hören und Klarheit zu schaffen.
Warum braucht es beides?
Spiegeln hilft, Fakten zu überprüfen.
Paraphrasieren bringt das Gemeinte und die Gefühle auf den Punkt.
So klingt das in der Praxis:
Spiegeln: „Wenn ich dich richtig verstehe, sagst du, dass…“
Paraphrasieren: „Also, wenn ich das richtig zusammenfasse, ist dein Hauptproblem…?“
Drei Praxisbeispiele: So funktioniert es im Alltag
1. Im Team-Meeting
Kollege: „Ich habe das Gefühl, dass meine Meinung hier nicht zählt.“
Falsche Reaktion: „Ach komm, das stimmt doch gar nicht.“
Richtige Reaktion (Spiegeln): „Wenn ich dich richtig verstehe, sagst du, dass du dich nicht wertgeschätzt fühlst, weil deine Ideen nicht berücksichtigt werden?“
Ergebnis: Der Kollege fühlt sich ernst genommen – das Gespräch wird konstruktiver.
2. In der Führungskommunikation
Chef: „Wir müssen schneller arbeiten.“
Falsche Reaktion: „Oh nein, wir kriegen jetzt noch mehr Druck!“
Richtige Reaktion (Paraphrasieren): „Also, wenn ich das richtig zusammenfasse, ist dein Hauptanliegen, dass wir effizienter werden? Oder geht es um kürzere Deadlines?“
Ergebnis: Du klärst, was wirklich gemeint ist – statt vorschnell Annahmen zu treffen.
3. Im privaten Gespräch
Partner: „Du hast in letzter Zeit kaum Zeit für mich.“
Falsche Reaktion: „Das ist doch Quatsch! Ich bin doch hier!“
Richtige Reaktion (Spiegeln): „Du hast das Gefühl, dass wir weniger Zeit miteinander verbringen?“
Oder (Paraphrasieren): „Du brauchst also mehr gemeinsame Zeit mit mir?“
Ergebnis: Ein echtes Gespräch entsteht, statt einer Abwehrhaltung.
Mini-Challenge:
Wähle heute ein Gespräch, bei dem du das Gefühl hast, es könnte zu Missverständnissen kommen. Versuche bewusst zu spiegeln oder zu paraphrasieren – und beobachte, wie dein Gegenüber reagiert!
Warum sind diese Techniken so wirkungsvoll?
Spiegeln und Paraphrasieren zeigen deinem Gegenüber, dass du wirklich zuhörst – und dich für seine Sichtweise interessierst. Missverständnisse werden frühzeitig geklärt, unnötige Konflikte vermieden. Gespräche gewinnen an Tiefe, weil auch Emotionen und Bedürfnisse sichtbar werden.